Zur Anfechtung von Beschlüssen

02. Oktober 2023

Grundlegende Voraussetzung zur Anfechtung von Beschlüssen liegt darin, dass überhaupt eine Willensbildung der Eigentümergemeinschaft in Form eines Beschlusses vorliegt. So fehlt es beispielsweise an der Beschlussqualität, wenn mehrere, aber nicht alle Eigentümer, außerhalb einer Eigentümerversammlung eine Entscheidung herbeiführen.

In diesem Fall spricht man von einem sogenannten Scheinbeschluss oder auch Nichtbeschluss. Solch getroffene Willensbildungen fehlt es generell an der Bindungswirkung. Soweit es einem Beschluss nicht an der Beschlussqualität, sondern er mit einem formellen oder materiellen Mangel behaftet ist, wird in Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Beschlüssen unterschieden. Regelungen hierzu finden sich im Ursprung des § 23 Abs. 4 WEG. Beschlüsse, die gegen Rechtsvorschriften verstoßen, sind nichtig. Beschlüsse können auch nichtig sein, wenn diese zu unbestimmt oder sogar widersprüchlich verfasst worden sind. In einem solchen Fall ist die Durchführbarkeit des Beschlusses nicht mehr möglich. Beispielsweise wird eine bauliche Veränderung durch die Eigentümergemeinschaft genehmigt, allerdings wurde die Maßnahme im Beschluss nicht hinreichend bestimmt und beschrieben. (vgl. BGH, 10.9.1998, V ZB 11/98, NJW 1998, 3713)
 
Liegen also Mängel vor, welche nicht zur Nichtigkeit führen, ist ein Beschluss anfechtbar. Hierbei ist wichtig zu berücksichtigen, dass der Beschluss so lange bestandskräftig bleibt, bis dieser durch ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes aufgehoben wurde. (vgl. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) Für den Verwalter bedeutet dies, dass es keine aufschiebende Wirkung durch ein Anfechtungsverfahren gibt. Der Beschluss ist in der beschlossenen Form bis zur Urteilsverkündung umzusetzen. Sollte der Anfechtungskläger im Beschlussanfechtungsverfahren obsiegen und der Beschluss zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen sein, kann der Anfechtungskläger einen Folgebeseitigungsanspruch gegen die Eigentümergemeinschaft geltend machen.
 
Beschlüsse können grundsätzlich zwei Arten von Mängeln unterliegen. Formelle oder materielle Fehler.  Zu den formellen Fehlern zählen auszugsweise:
- eine nicht eingehaltene Ladungsfrist (§24 Abs. 4 Satz 2 WEG) zur Eigentümerversammlung
- nicht Laden eines stimmberechtigten Eigentümers
- in einer Beschlussfassung wurde ein stimmberechtigter nicht berücksichtigt
- die Versammlung findet an einem Feiertag statt und ist daher nicht angemessen
- es werden Stimmen von nicht stimmberechtigten in der Versammlung berücksichtigt 
- es wird gegen die Nichtöffentlichkeit der Versammlung verstoßen  
- unter Sonstiges wird ein Beschluss gefasst.
 
Soweit formelle Mängel vorliegen, führt dies unter keinen Umständen zur Nichtigkeit des Beschlusses, auch mehrere formelle Mängel begründen keine Ungültigkeit/Nichtigkeit des Beschlusses. Beschlüsse mit formellen Mängeln sind lediglich anfechtbar. Zu berücksichtigen ist auch, dass ein Beschlussanfechtungsverfahren zu keinem Erfolg führen würde, soweit der getroffene Beschluss auch bei ordnungsgemäßer Handhabung zum gleichen Ergebnis gekommen wäre. Der Anfechtungskläger muss daher nachweisen, dass ohne den formalen Mangel ein anderes Beschlussergebnis erzielt worden wäre.
Hierzu ein Beispiel. 
In einer Eigentümerversammlung mit 600 von 1.000 vertretenen Stimmen wird zu einem Tagesordnungspunkt ein Eigentümer mit 100 Stimmanteilen nicht berücksichtigt. Das Beschlussergebnis stellt sich wie folgt dar. 400 Stimmen mit "ja" 100 Stimmen mit "nein", der Beschluss wurde mehrheitlich angenommen. Der Anfechtungskläger, dessen Stimmen nicht berücksichtigt wurden, muss vor Gericht begründen, dass ein anderes Beschlussergebnis entstanden wäre, soweit seine Stimmen Berücksichtigung gefunden hätten. Allerdings wäre in diesem Fall das Ergebnis auch bei Berücksichtigung der Stimmen des Anfechtungsklägers mit 100 Stimmen für "nein" als mehrheitlich angenommen ausgefallen. Nämlich 400 Stimmen mit "ja" und 200 Stimmen mit "nein". Die Anfechtung würde mit dieser Begründung scheitern.
 
Materielle Fehler liegen vor, soweit ein Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. (vgl. § 19 Abs. 1 WEG) Zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung gibt der Gesetzgeber im § 19 Abs. 2 WEG folgende Auskünfte, hierzu gehören insbesondere:
- die Aufstellung einer Hausordnung,
- die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums,
- die angemessene Versicherung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Neuwert sowie der Wohnungseigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht,
- die Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage,
- die Festsetzung von Vorschüssen nach § 28 Absatz 1 Satz 1 sowie
- die Bestellung eines zertifizierten Verwalters nach § 26a, es sei denn, es bestehen weniger als neun Sondereigentumsrechte, ein Wohnungseigentümer wurde zum Verwalter bestellt und weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer (§ 25 Absatz 2) verlangt die Bestellung eines zertifizierten Verwalters.
 
Ebenfalls kann ein Beschluss materiell mangelhaft sein, wenn dieser gegen Gesetz oder eine getroffene Vereinbarung der Gemeinschaft (Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung) verstößt. Kommt es in einer Eigentümerversammlung zu wesentlichen Entscheidungsfragen, sind die Eigentümer innerhalb der Ladungsfrist (vgl.  § 24 Abs. 4 WEG  und BGH, 24.1.2020, V ZR 110/19 ) ausreichend zu informieren, da ansonsten ein Ermessensfehler vorliegen kann. In diesem Fall wäre der Beschluss dann anfechtbar. Dies könnte der Fall sein, wenn beispielsweise über eine große Sanierungsmaßnahme beschlossen werden soll und die Eigentümer über die Kosten und den Umfang der Maßnahme nicht hinreichend informiert wurden. Die Eigentümer sind daher gehindert, das ihnen eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß auszuüben. 
 
Unterliegt ein Beschluss einem entsprechenden Mangel, kann dieser innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist (vgl. § 44 Abs. 1 WEG) innerhalb der Monatsfrist beim zuständigen Amtsgericht angegriffen werden.

 

 

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